Schulungen oder Selbstlernen

Schulungen oder eigenverantwortliches Lernen?

Wie wappnen wir unser  Mitarbeiter für die steigende Nachfrage in den Bereichen Renovieren, Sanieren und Modernisieren?

Beides wird in der Zukunft von besonderer Bedeutung sein.  Die Frage ist nämlich, ob alles   in Seminaren vermittelt werden kann und ob es überhaupt ausreicht, alles, was Mitarbeiter in Zukunft wissen und können müssen, ins Seminargeschehen zu verlegen.

Egal um welches Produkt es sich heute handelt, es ist davon auszugehen, dass sich der Kunde vorher informiert. Ihm stehen hier die unterschiedlichsten Quellen zur Verfügung:

  • Printmedien
  • Online Versionen der Printmedien
  • Websites der Industrie
  • Internet User Foren
  • Stiftung Warentest
  • Online (Versand-)Händler
  • Webblogs
  • Freunde, Bekannte und Nachbarn usw.

Jeder, der will, hat heute die Möglichkeit, sich über Produkte, Produktvarianten, Hersteller und vor allem Preise  zu informieren. Viele Industrieunternehmen im Markenartikel-Bereich wenden sich  immer häufiger direkt an den Kunden, weil sie schon gar nicht mehr davon ausgehen, dass die Verkaufsmitarbeiter des Handels den Kunden kompetent beraten können. „Die können doch nur noch billig“, wie es ein Vertreter eines deutschen Markenartiklers kürzlich einmal  formulierte. Der Handel habe schon lange keine Meinungshoheit über Marken mehr. „Viele Verkäufer haben gar keine Vorstellung davon, was im Internet über die Produkte gesagt wird, die sie verkaufen“.

Verkäuferische Kompetenz wird in vielen Unternehmen immer noch ausschließlich mit der Gesprächsführung in Verbindung gebracht. Es geht dann um den Ablauf eines Verkaufsgespräches. Auch Trainer vermitteln gelegentlich noch den Eindruck, als ginge es in erster Linie um rhetorische Fähigkeiten und all die kleinen Tricks aus der Trickkiste der Psychologie. Viele meinen immer noch man könnte den Kunden durch eine raffinierte Gesprächsführung überrumpeln oder zumindest zu einem Kaufentschluss verführen. Das mag mal gelingen, aber in der Regel sind die Kunden heute viel zu selbstbewusst und informiert, um darauf reinzufallen.

Was will der Kunde?

Nur bei Produkten, deren Qualität, Zweck und Verwendungsmöglichkeit offensichtlich oder bekannt ist, will der Kunde lediglich den Preis wissen oder wo er es finden kann. Dies trifft bei vielen Lebensmitteln und vielen Gebrauchsgegenständen des täglichen Bedarfs zu. Sind aber die Produkte ein Mittel zu einem besonderen Zweck, will der Kunde zu dem Preis auch noch ausführliche Informationen und Anregungen erhalten. Es geht ihm dann vielmehr um

  • Lösungen,
  • Anregungen,
  • Gestaltungstips
  • oder Anwendungs- und Verarbeitungsinformationen.

Im Bereich Sanierung, Renovierung oder Modernisierung beispielsweise erwartet der Kunde zunächst einmal,  dass der Verkäufer/in ihn in seiner Stil-, Lebens- und Wertewelt erkennt und ihn aus diesem Verständnis heraus berät.

Versteht der Verkäufer nicht, warum der Kunde eine alte Jugendstilvilla renovieren will,  was ihn an dieser Baugesinnung so fasziniert und kann er nicht wenigstens für einen Moment teilhabendes Verständnis zeigen, kann er gar keine Lösung anbieten, die in den Vorstellungen des Kunden eine Bereicherung darstellt und letztendlich auch eine Preisbereitschaft erzeugt. Weiß ein Verkäufer nichts über den Stil der Bauhausbewegung, so kann er auch nicht beraten, wenn der Kunde ein neues Bad einrichten will, das dem Stil dieser Architektur und Kunstrichtung gerecht wird. Das Gleiche gilt bei Mode- oder Einrichtungsfragen.

Was in solchen Fällen bleibt, ist das Gefühl, dass es dem Handel lediglich um das Geld geht. Darauf geht der Kunde ein und konzentriert sich folglich auch nur auf den Preis. Die Beratung und die Anregungen holt er sich woanders. Nicht nur Werte entstehen durch Beratung, sondern auch die Preisbereitschaft des Kunden entsteht durch die professionelle Beratung, die dem Kunden in aller auch Regel geld-wert ist.

Was erwartet der Kunde vom Verkaufspersonal?

Der Kunde erwartet Verständnis und das scheint ihm nicht zu viel verlangt. Er erwartet vom Verkaufspersonal, dass es weiß, was in den Medien bezüglich der angebotenen Produkte vor sich geht. Er wünscht sich, dass Wissen, dass er aus den Medien und dem Internet bezogen hat, mit dem Verkaufspersonal zu teilen und zu besprechen. Er erwartet, dass die Mitarbeiter eines Handelsunternehmen wissen wovon er spricht, weil sie es selbst gelesen haben, vielleicht sogar in den gleichen Quellen. Im Idealfall sind die Mitarbeiter dem Kunden sogar voraus und können ihm sogar Hinweise geben und Beispiele zeigen, die ihm die erwünschten Lösungen und Anregungen bringen. Sie zeigen ihm in den verschiedensten Situationen, dass sie wissen, „was in der Welt so vor sich geht“! Das wäre zeitgemäße Professionalität.

Woher kommt das Wissen der Mitarbeiter?

Die klassische Personalentwicklung konzentriert sich im wesentlichen auf die Triade Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz. Die Methodenkompetenz bezieht sich größtenteils auf interne organisatorische und warenwirtschaftliche Prozesse. Sozialkompetenz auf die Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen und natürlich auch auf die Kunden. Beide Kompetenzen werden heute professionell von internen und externen Trainern in Seminaren oder Coachings vermittelt und eingeübt.

Unter Fachkompetenz gehört im Handel unter anderem die umfängliche Kenntnis über  die Beschaffenheit und Verwendungsmöglichkeit der angebotenen Produkte.  Es geht aber nicht nur um die Basisinformationen, die der Kunde oft auch auf der Verpackung nachlesen kann.

Das erfolgreiche Verkaufspersonal von morgen kennt sich aus, weil es die gleichen Quellen nutzt wie der Kunde. Dazu gehören die gängigen und gern gelesenen Zeitschriften, die am Kiosk gekauft werden und sich großer Beliebtheit erfreuen. Oder aber ihre Online-Variante. Ein Internetzugang ist für den Fachberater heute unerlässlich, wenn er den  Kunden auf gleicher Augenhöhe beraten will. Die Links, die der Kunde nutzt, gehören zum Basiswerkzeug eines qualifizierten Fachpersonals. Auch die gängige Gestaltungssoftware für „schöneres Wohnen“ oder Life-Style-Fragen müssen verfügbar sein.

Auch ist es wichtig, dass einmal erarbeitete Lösungen für Probleme oder Kundenwünsche nicht verloren gehen. Das Rad muss nicht immer neu erfunden werden. In vielen Unternehmen kann das Verkaufspersonal aber nicht auf solches Wissen zurückgreifen.

Es ist individuell hervorgebracht worden und bleibt allen anderen Mitarbeitern des Unternehmens ein Geheimnis.

Welche technologische Lösung hilft weiter?

Ein modernes Handelsunternehmen muss Wissen generieren, aber auch bewahren. Das geht heute problemlos mit E-Learning-Plattformen. Die Erfahrungen damit sind hervorragend. Es gibt heute kaum noch Mitarbeiter, die sich den modernen Technologien verweigern. Im Gegenteil! Viele Mitarbeiter sind heute bezüglich neuer Technologien privat  besser ausgestattet als am Arbeitsplatz.

Welche Potentiale können sich daraus ergeben? Eine allen interessierten Mitarbeitern zur Verfügung stehende E-Learning-Plattform mit Internetzugang könnte dazu dienen, dass

  • Trainer und Referenten ihre Skripte und Teilnehmerunterlagen allen zugänglich machen. Auch denen, die nicht im Seminar waren
  • Interne Informationen allen Interessierten zur Verfügung gestellt werden
  • Erfahrungsberichte ausgetauscht werden
  • Problemlösungen und Projekte veröffentlicht werden
  • Dokumentationen über gelungene Projekte abgerufen werden können
  • Die Mitarbeiter untereinander kommunizieren
  • Risiken und Reklamationen besprochen und geklärt werden

Vernetztes Arbeiten, Teamwork und Wissensmanagement sind noch nie so einfach und kostengünstig möglich gewesen wie heute. Der Computer mit dem Zugang zum Internet und zu einer unternehmensinternen Wissensplattform kann künftig zu einem wichtigen kaufmännischen Arbeitsmittel entwickelt werden und dient dann nicht nur der Beratung des Kunden, sondern gleichermaßen auch der Wertschöpfung des Unternehmens.

Rolf Karges

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