Ausgebrannte Arbeitsteams

Ausgebrannte Arbeitsteams

Burnout wird von vielen immer noch als ein individuelles Problem angesehen. Es wird ja auch in erster Linie an einzelnen Menschen beobachtet oder Betroffene nehmen nur noch sich in Ihrem leidvollen Dilemma wahr. Antriebslosigkeit, leichte Reizbarkeit und chronische Erschöpfung  sind die wahrnehmbaren Phänomene. Mitarbeiter mit dem Burnout-Syndrom werden nicht selten als schwächlich und mit den Aufgaben und der dazugehörigen Verantwortung überfordert angesehen. Die Reaktionen darauf reichen von Mitleid bis Verachtung. Für die Betroffenen eine oft unerträgliche  Situation.

Fragt man nach dem Grund für Burnout, kommen häufig Hinweise auf die Beschleunigung der Arbeitsprozesse, die zunehmende Aufgabenfülle, die Globalisierung sowie der immer schlimmer werdende Wettbewerb. In verschiedenen Studien wurde festgestellt, dass die Angst- und Stresserkrankungen seit 90-er Jahren um mehr als 70 % zugenommen haben. Und es betrifft nicht nur Manager, wie man lange Zeit geglaubt hat.

Auch Mitarbeiter sind von hohen externen Erwartungen getrieben. Aufgabenfülle und Arbeitstempo haben in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Fast alle Unternehmen bezeichnen sich heute als „schlanke Unternehmen“ und sind stolz auf ihr „Lean- Management“. Die Folgen auf die Arbeitsprozesse und auf die Mitarbeiter eines Unternehmens sind aber kaum untersucht. Aber eines scheint klar zu sein: Es gibt heute nicht nur weniger Mitarbeiter, sondern auch weniger Hierarchien in den Unternehmen. Wer macht heute eigentlich die Arbeit der Führungsebenen, die in den Unternehmen wegrationalisiert wurden? Wurde die Arbeit ersatzlos gestrichen oder auf andere Ebenen verlagert. Der Verdacht liegt nahe, dass die Aufgaben und die dazugehörige Verantwortung nach unten delegiert wurden.

Es ist in vielen Unternehmen mittlerweile offensichtlich, dass nicht nur vereinzelte Mitarbeiter oder Führungskräfte überfordert und deshalb ausgebrannt sind, sondern ganze Abteilungen oder Teams. Es drängt sich natürlich die Frage auf, wer eigentlich krank ist, der Mitarbeiter oder die Organisation. Die Soziologin Ina Rösing sieht im  Burnout  eine gesunde Reaktion auf kranke Verhältnisse. Auch Michael Zirkler, Organisationspsychloge der Uni Basel, sieht in vielen Unternehmen ein „organisationales Burnout“. Die Strukturen und Prozesse selbst werden überfordert. Es folgt ein Erschöpfungsprozess, der letztendlich das ganze Unternehmen erfasst.

Die häufigsten Symtome eines ausgebrannten Teams oder einer ausgebrannten Abteilung:

  • Die Mitarbeiter wenden sich immer häufiger ab und gehen auf Distanz
  • Kommunikationsprobleme werden offensichtlicher
  • Erst zunehmende, dann abnehmende Konflikte. Zuerst sind die Konflikte „heiß“, d.h. leidenschaftlich und kämpferisch, dann „kalt“, weil das Interesse an Lösungen schwindet und „kein Land mehr gesehen wird“
  • Das Arbeitsklima wird durch Angriffe, Schuldzuweisungen und Verweigerungen getrübt
  • Strategien werden laufend geändert, niemand blickt mehr durch, jeder sagt zu allem „ja und Amen“ , Verbesserungsvorschläge erscheinen als nicht mehr erwünscht
  • Mitarbeiter jammern gemeinsam und laden sich gegenseitig auf
  • Immer häufiger wird Frust  gemeinsam hervorgebracht und leidenschaftlich geteilt
  • Fehler häufen sich

Was ist zu tun?

Hat sich das Burnout einer Gruppe erst verfestigt, kann eine Gruppe in den seltensten Fällen aus eigener Kraft diesen Zustand wieder verlassen. Professionelle Hilfe ist angezeigt, meint der Kölner Organisationsberater Jörg Fengler. Es geht dabei in erster Linie darum, regenerative Phasen während und außerhalb der Arbeitszeiten zu implementieren. Es geht nicht um das weniger leisten, sondern um anders leisten. Es geht darum, Anspannung und Entspannung in eine Balance zu bringen. Es muss sorgfältig differenziert werden in „viel Arbeit“ und Stress oder Angst. Viel Arbeit erschöpft, aber Stress und Angst lähmt und macht krank. Eine menschengemäße Work-Life-Balance ist deshalb keine Privatsache, sondern primäre Aufgabe in der Mitarbeitführung, will man als Unternehmen auf Dauer leistungsfähig und erfolgreich sein.

Rolf Karges

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